1. Die schwere Hirnverletzung, das Wachkoma
Nach einem Schlaganfall, einem Unfall mit schweren Kopfverletzungen oder einer anderen Erkrankung bei Schwerst-Schädel-Hirn-Verletzten und Wachkomapatienten gilt es, das noch vorhandene Potenzial optimal auszunutzen. Der Patient soll die bestmögliche Behandlung bekommen, um so weit wie möglich wieder gesund zu werden. Am besten wieder ganz gesund. Wenn das nicht möglich ist, soll er oder sie wenigstens soweit es möglich ist wieder selbstständig werden. Ein möglichst selbstbestimmtes und eigenständiges Leben ist das Ziel.
Darauf sind die Behandlung und die Rehabilitation schwerer neurologischer Hirnverletzungen und Krankheiten ausgerichtet. Und wenn Fehler passieren, wird das Ziel nicht selten verfehlt. Der/die Betroffene wird nicht so gesund, wie es eigentlich möglich gewesen wäre.
2. Phasenmodell der neurologischen Rehabilitation
Wie bei allen Krankheiten unterscheidet man auch bei neurologischen Erkrankungen zwischen Akutbehandlung und Rehabilitation. Die Akutbehandlung findet in der Regel in einem sogenannten Akutkrankenhaus statt. Das sind neben Allgemeinkrankenhäusern bei Unfällen und Schlaganfällen vor allem Berufsgenossenschaftliche Unfallkrankenhäuser und Universitätskliniken. Danach geht es weiter mit der Rehabilitation, entweder in einer speziellen Abteilung dieser Krankenhäuser oder in einer speziellen Rehaklinik.
Bei schwer am Gehirn verletzten oder erkrankten Personen wird die Behandlung in sechs Phasen eingeteilt.
Dabei werden die Phasen nicht immer in der Reihenfolge durchlaufen. Die Phase der Rehabilitation richtet sich nach dem Zustand des Patienten. Phasen können übersprungen, aber im Verlauf der Behandlung auch wiederholt oder nachgeholt werden.
3. Leitlinien der Behandlung
Für die Behandlung vieler Krankheiten und Verletzungen haben die verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften Behandlungsstandards in Leitlinien festgelegt. Nicht jeder Arzt kann die Behandlung durchführen, wie er will. Er wird und muss sich im Grundsatz an diese Leitlinien halten. Will der Arzt davon abweichen, muss er das begründen und den Patienten darüber aufklären, dass er eine andere Behandlungsmethode als in den Leitlinien vorgesehen anwenden will.
Die Einteilung in die oben genannten Phasen ist in den Leitlinien der Facharztgesellschaft festgelegt.
4. Inhalt der Phase B
In der Frührehabilitation gibt es einige Besonderheiten gegenüber anderen Phasen der Rehabilitation. Es wird einerseits eine Rehabilitation angefangen, andererseits ist die Akutbehandlung noch nicht abgeschlossen. Häufig beginnt die Frührehabilitation bereits auf der Intensivstation. Sie findet schon mit sehr eingeschränkt aufnahmefähigen Patienten statt, die entsprechend nicht bei den Übungen mitarbeiten können.
Schon früh hat man erkannt, dass eine möglichst frühe Rehabilitation dazu führt, dass Patienten eine größere Heilungs- oder Verbesserungsmöglichkeit haben. Systematisch wird die Frührehabilitation seit den 90er Jahren gefördert, seit 2001 steht sie im Gesetz.
Verstärkt soll darauf geachtet werden, wo es möglich und machbar ist, dass der Luftröhrenschnitt (Tracheostoma) verschlossen und von der Beatmung abtrainiert wird.
5. Organisation Phase B
Die neurologische Frührehabilitation wird am Häufigsten in Akutkrankenhäusern durchgeführt. Diese haben dafür spezielle Betten. Die Organisation, welche Krankenhäuser (Geriatrie, Unfallkliniken etc.) die Betten vorhalten, regeln die Länder.
Die meisten Betten für Frührehabilitation stehen nicht in Allgemeinkrankenhäusern, sondern in Spezialkliniken.
Die Akutklinik muss beim Kostenträger einen Antrag auf Durchführung der Frührehabilitation stellen. Kostenträger ist die Krankenkasse oder die Berufsgenossenschaft bei einem Arbeits- oder Wegeunfall. Der Antrag wird vom Sozialdienst des Krankenhauses gestellt.
6. Nach Phase A im Grundsatz Phase B
Die Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaft sieht vor, dass nach der Akutphase A möglichst schnell mit der Frührehabilitation begonnen wird. Sobald die Verletzungen versorgt und Knochen bewegt werden können ohne zu brechen und der Patient nicht mehr dauerbeatmet wird, der Kreislauf stabil ist und kein Hirndruck vorhanden ist.
Diese Frührehabilitation wird von der medizinischen Fachgesellschaft als ein wesentlicher Bestandteil und ein wesentlicher Schritt bei der Behandlung von Schwerst-Hirngeschädigten angesehen. Die Leitlinien dazu sind sehr ausführlich und beschreiben im Einzelnen Voraussetzungen, Maßnahmen und Behandlung der Krankheiten, von der Akut- bis zur Langzeitphase.
7. Keinesfalls von Phase A (Intensiv) ins Pflegeheim oder Wohngemeinschaft!
Manche Ärzte, Sozialdienste in Krankenhäusern und Kostenträger (Krankenkassen, Berufsgenossenschaften etc.) versuchen, Phase B der Rehabilitation zu überspringen und Patienten direkt in einem Pflegeheim unterzubringen. Das verstößt im Grundsatz gegen die gesetzlichen Regelungen. Im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen regelt § 39 SGB V, dass ein Anspruch auf die Durchführung der Frührehabilitation besteht. Das ergibt sich für Berufsgenossenschaften aus §§ 1 Nr. 2, 33 SGB VII.
Falls dies geschieht, informieren Sie sofort unseren Verband!
Mit freundlicher Genehmigung von:
Roland Zarges
Rechtsanwalt; Spezialist für Personengroßschäden
21423 Winsen (Luhe)
Tel. 04171/6061355
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(Stand: 12/2019)