Rehabilitationsphasen für Schädel-Hirnverletzte und Patienten im Wachkoma
Der typische Verlauf der Behandlung für Schwerst-Schädel-Hirnverletzte wird in einem Phasenmodell beschrieben. Dabei müssen nicht notwendigerweise alle Phasen nacheinander durchlaufen werden. Vielmehr richtet es sich nach dem Genesungszustand und den wiedererlangten Fähigkeiten des Betroffenen, welche Phase angesteuert und welche übersprungen werden kann.
Nach A grundsätzlich B
Eine grundsätzliche Regel ist allerdings, dass nach der Akutphase (Phase A) auf jeden Fall ein Aufenthalt in der Frührehabilitation (Phase B) folgt. Leider versuchen manchmal Ärzte der Intensivstation, der Sozialdienst oder Kostenträger davon abzuweichen und Betroffene gleich in eine Pflegeeinrichtung zu verlegen. Nehmen Sie in einem solchen Fall bitte sofort mit uns Kontakt auf!
Phase A: Akutbehandlung
Neurologische neurochirurgische, internistische Klinik (Intensivstation)
Hier wird der Patient akutmedizinisch (je nach Art der Hirnschädigung) behandelt und auch die weiteren Verletzungen (z.B. bei einem Schädel-Hirntrauma durch Unfall) wie Knochenbrüche und weitere organische Läsionen versorgt. Die Verweildauer kann von 5-8 Tagen auch bis zu 3-5 Wochen (in Einzelfällen auch länger) sein. Auch erste rehabilitative Ansätze erfolgen.
Phase B: Frührehabilitation
In der Frührehabilitation wird bei Patienten mit schwerwiegenden neurologischen Ausfallerscheinungen (u.a. vermindertes Bewusstsein, Wachkoma, Hirnnervenausfällen, Schluckstörungen, schwere Lähmungserscheinungen, psychoorganisches Durchgangssyndrom und Einschränkungen der Sprach- und Kommunikationsfähigkeit) die im Akutkrankenhaus begonnene Behandlung sofort zeitnah fortgesetzt.
Das interdisziplinäre Therapieprogramm ist individuell auf das entsprechende Krankheitsbild abgestimmt. Dabei sollten auch die Angehörigen mit einbezogen werden.
Kostenantrag
Eine Anschlussheilbehandlung (AHB) bzw. eine Anschlussrehabilitation (AR) kann nur durch das Akutkrankenhaus eingeleitet werden. Anträge werden im Akutkrankenhaus entweder vom zuständigen Arzt oder vom Sozialdienst gestellt.
In der Frührehabilitation Phase B (akutstationäre Krankenhausbehandlung) ist der Kostenträger immer die Krankenkasse.
Je nach Rehabilitationsfortschritt und weiterem Rehabilitationsziel wird der Patient dann in Phase C übergeleitet oder in den Bereich der medizinisch-aktivierenden Behandlungspflege (Phase F) aufgenommen.
Phase C: Weiterführende Rehabilitation
Der Patient kann in der Therapie bereits mitarbeiten, muss aber noch mit hohen pflegerischem Aufwand betreut werden. Die Patienten sind bei vielen Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) noch auf pflegerische Hilfe angewiesen.
Voraussetzungen für die Phase C :
Hauptziel in dieser Phase ist es, die Selbstständigkeit des Patienten im Alltag zu erreichen, d. h. in dieser Phase wird vor allem versucht, Rehabilitation vor Pflege zu verwirklichen.
Phase D: Medizinische Rehabilitation
Diese Phase beinhaltet die Aufgaben der bisherigen klassischen medizinischen Rehabilitation im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung oder eines Heilverfahrens.
Wichtiger Hinweis für Schlaganfallpatienten:
Patienten mit einer sehr raschen Rückbildung neurologischer Defizite während der Akutphase können direkt von der Akutbehandlung (Phase A) in diese Phase übergehen).
Folgende Voraussetzungen müssen für die Phase D erfüllt sein:
Hauptziel dieser Phase ist die Besserung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bzw. die Minderung krankheitsbedingter Behinderungen.
Hier ist die Rentenversicherung der zuständige Leistungsträger, bzw. die Unfall- oder Krankenversicherung (bei besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen).
An diese Phase schließen sich weitere Maßnahmen zur beruflichen und psychosozialen Rehabilitation an, die dann zur Phase E, der ambulanten Nachsorge, überleiten.
Nachgehende und berufliche Reha in Bezug auf Leistungen zur Sicherung des Erfolges der medizinisch-therapeutischen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, bzw. zur Teilhabe an Erziehung und Bildung, sowie am Leben in der Gemeinschaft.
Hier geht es insbesondere bei den Behandlungszielen um die Sicherung des medizinischen Behandlungserfolges, bzw. um Vorbeugung oder Besserung einer Behinderung (bzw. Verhütung), von deren Verschlimmerung sowie Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit und um die berufliche Wiedereingliederung (1. oder 2. Arbeitsmarkt) sowie die soziale und häusliche Wiedereingliederung.
Phase F: Aktivierende Langzeitversorgung
Trotz aller medizinischen und rehabilitativen Bemühungen in der Akutbehandlung und in den nachfolgenden Behandlungsphasen (meist schon nach Phase B) bleiben bei einer Reihe von neurologischen Patienten schwerste Schädigungen bestehen. Sie gehen vom Apallischen Syndrom bis zu verschiedenen Graden von Fähigkeitsstörungen (oft auch mit Mehrfachbehinderungen).
Diese Rehaphase ist auf Langzeit angelegt. Oftmals sind diese Patienten weiterhin künstlich ernährt, mit Dauerkatheter versorgt und haben noch immer einen Luftröhrenschnitt
(= Tracheostoma).
Erste Wahl der Unterbringung sollte eine, auf Wachkomaversorgung, spezialisierte Langzeitfachpflegeeinrichtung sein. Hier wird durch den, an die aufwändige pflegerische- und behandlungspflegerische Versorgungsform, angepassten Personalschlüssel, eine Rund-um-Versorgung in Zusammenarbeit mit Fachärzten und Therapeuten gewährleistet. Heimaufsicht und MD kontrollieren die Pflege- und Versorgungsqualität und auch die Rehaziele.
Diese neurologische Rehabilitationskette gibt es nur bei uns in Deutschland. Sie ist weltweit einmalig, in den meisten Ländern –selbst in Europa- gibt es sie nicht einmal ansatzweise.
Quelle: „Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen“ ( ISSN 0933-8462 )
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), Solmsstraße 18, 60594 Frankfurt am Main
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist die gemeinsame Repräsentanz aller Verbände der gesetzlichen Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung, Kriegsopferfürsorge und Sozialhilfe, der Bundesanstalt für Arbeit, sämtlicher Bundesländer, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Deutschen Angestelltengewerkschaft, der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu dem Zweck, die Maßnahmen der medizinischen, schulischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation zu koordinieren und zu fördern.